Der Eigentumsskandal - Wie die Politik Wohlstand verhindert und was wir dagegen tun koennen by Juergen Michael Schick Josef Girshovich & Josef Girshovich

Autor:Juergen Michael Schick Josef Girshovich & Josef Girshovich
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: FinanzBuch Verlag
veröffentlicht: 2018-09-14T00:00:00+00:00

KAPITEL 4

Warum kaufen, wenn man auch mieten kann?

Es gibt einen Merkspruch, der den meisten, die schon einmal über den Erwerb von Wohneigentum nachgedacht haben, geläufig sein müsste: »Der Laie kauft, der Fachmann wohnt zur Miete.« Die Grundaussage des Spruchs scheint klar: Wer etwas von Immobilien versteht, der wird stets zur Miete wohnen. Wohneigentum, das Postulat unseres Essays, sei grundsätzlich der falsche Weg. Warum also fordern und fördern wir, die wir beruflich selbst mit Immobilien zu tun haben, just das?

Schauen wir uns den Spruch etwas genauer an. Zunächst einmal, könnte man tatsächlich meinen, beinhaltet der Satz eine Weisheit aus der Immobilienwirtschaft. Wer sich professionell mit Immobilien beschäftige, so die Vermutung, würde sein Eigentum nicht selbst nutzen. Vielleicht würde er es vermieten, für sich arbeiten lassen, damit Renditen erzielen, es sanieren, renovieren, revitalisieren, repositionieren oder schlicht »drehen«, aber darin wohnen? Das nicht. Denn folgt man der Annahme des Merksatzes, kauft nur der Laie für sich.

Der Spruch hat freilich einen anderen Entstehungshintergrund. Er stammt aus den 1980er-Jahren und wurde von der Investmentbranche geprägt.1 »Der Fachmann wohnt zur Miete« hat weniger mit der Frage zu tun, ob man selbst zur Miete oder in Eigentum leben sollte, als mit Investitionen allgemein. Der Investor geht anders vor als der Eigennutzer. Nicht persönliche Emotionen bestimmen den Erfolg einer Investition, sondern Nachfrage, Marktumfeld und Risiken – letztlich alles betriebswirtschaftliche, kaufmännische Kalkulationen und objektive Kriterien. Vor diesem Hintergrund und angesichts der damals im Vergleich zu anderen Anlagen geringen, teils auch fallenden Renditen am deutschen Immobilienmarkt2 entstand der Merksatz: Ein professioneller Anleger sucht sich andere Investitionsmöglichkeiten als selbstgenutzte Immobilien.

Streng genommen müsste man den Merksatz von damals nun vielleicht sogar umdrehen. Wir erleben seit Jahren eine Niedrigzinsphase, und viele Investoren haben in Ermangelung anderweitiger Renditeaussichten ihren Anteil an Immobilien-Assets deutlich erhöht und tun dies weiterhin. Ganz nüchtern betrachtet haben sich Investitionen in deutsche Immobilien in den letzten 10 Jahren überaus gelohnt. Das zeigt sich auch in der Debatte um den richtigen Zeitpunkt für den Verkauf von Immobilien, die in Fachkreisen geführt wird. Wer jetzt den »Exit« sucht und verkauft, kann in den meisten Fällen mit deutlichen Gewinnen rechnen. Dass dabei der richtige Moment für den wirtschaftlichen Ausstieg aus einer Anlage – seien es Aktien, Staatsanleihen, Fonds, Edelmetalle oder eben auch Immobilien – stets eine Frage des Betrachters und der persönlichen Investitionsstrategie ist, bestätigt aber gleichzeitig, dass die Nachfrage nach deutschen Immobilien weiterhin sehr hoch ist. Während für die einen jetzt der Zeitpunkt zum Verkaufen gekommen ist, weil sie zum Beispiel ihre ursprünglich angesetzten Ziele und Erwartungen erreicht (oder gar übertroffen) haben, hat sich für andere Investoren mit ihren eigenen Zielen und Business Cases jetzt erst das richtige Investitionsfenster geöffnet.3

Uns geht es aber dem Gedanken nach nicht um die Wohnung als Anlage und Renditeobjekt, jedenfalls nicht in erster Linie. Zur Debatte steht die große lebens- und lebenswandelprägende Frage, ob man als Privater zur Miete wohnen sollte oder nicht: Was sind die Vor- und Nachteile von Eigentum? Und was sind die Vor- und Nachteile von Miete? Da die Mieter in Deutschland in der Überzahl sind, muss dieser Lebensentwurf doch auch Vorzüge aufweisen.

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